18.10.2021
Die weltweite Pandemie hat einen regelrechten Fahrradboom ausgelöst – besonders im E-Bike Sektor. Im Jahr 2020 wurden laut Statista allein in Deutschland rund 1.950.000 E-Bikes verkauft. Der Grund liegt auf der Hand: Geschlossene Grenzen erschwerten Urlaubsreisen, was dazu führte, dass die erholsamen Tage in der Heimat stattfinden mussten. Fahrrad- und Tracking-Touren inklusive. Doch dieser Bike-Boom stellte die Branche vor eine enorme Herausforderung: Die Bikelogistik. Denn all die georderten Fahrräder mussten ihre Wege vom Hersteller zum Händler und zu den neuen Besitzern finden. Gar nicht so einfach, da die Fahrradlogistik sowie der Transport der Räder ein komplexes Unterfangen ist. Wir haben uns dem Thema Bikelogistik gewidmet und beschreiben die Herausforderungen, vor denen die Branche aktuell steht.
Im Bereich Lagerung, Handling und Transport muss die Bikelogistik hohe Ansprüche erfüllen. Denn die Zweiräder sind kein einfaches Paletten-Gut, das beliebig gelagert und gestapelt werden kann. Das macht sowohl die Lagerung und Kommissionierung wie auch den Transport per LWK, Schiene oder Container aufwendig. Zudem unterlag die Bikelogistik – zumindest bis 2020 – immer starken saisonalen Peaks. Das bedeutet, in den Frühjahrsmonaten stieg die Nachfrage rasant. Bike-Logistiker mussten also gut und gern das Dreifache der sonst üblichen Menge an Rädern umschlagen.
Ein weiterer Trend, der die Nachfrage von E-Bikes – glücklicherweise – enorm in die Höhe katapultiert hat, ist der stetig steigende Wunsch nach nachhaltiger und emissionsarmer Fortbewegung. E-Bikes sind heute eine vielseitige Alternative zum Auto oder den öffentlichen Verkehrsmitteln. Das spiegelt sich auch in der Fahrradlogistik wider. Bei der Schäflein AG wurden 2012 in den Lagerhallen noch zu 80 Prozent Non-E-Bikes und zu 20 Prozent E-Bikes gelagert und befördert. Während sich das Verhältnis 2017 erstmals umkehrte, sind es heute sagenhafte 90 % E-Bikes, die bei Schäflein gelagert, kommissioniert und transportiert werden.
Besonders der Transport der Fahrräder stellt Bike Logistiker vor Herausforderungen. Die fragilen Räder können nämlich nicht einfach gestapelt oder auf eine Palette gespannt werden. Auch die Beladung der Transportmittel verdeutlicht die Komplexität der Bikelogistik: Die Räder werden durch bessere Technologie immer schwerer, zudem müssen die hochwertigen Stücke durch eine gute Verpackung vor Schaden geschützt werden. Und auch die Lagerung der Bikes fordert ihren Tribut. Spezielle Stapler, Regale und eigens konzipierte Wechselrungen-Gestelle sollen Lagerung und Kommissionierung vereinfachen und beschleunigen. Denn aktuell ist die Nachfrage so enorm, dass eintreffende Fahrräder binnen kürzester Zeit wieder umgeschlagen werden.
Auch die zu belieferten Unternehmen und die Liefermengen variieren stark. Besonders bei High-End Fahrrädern ist die Fahrradlogistik zusätzlich sehr kleinteilig. Denn Fachhändler bestellen häufig nur geringere Stückzahlen der E-Bikes und klassischen Fahrräder. Hier muss der Bike-Transport also wesentlich flexibler und individueller funktionieren, um den Kunden gerecht zu werden.
Bis zu 35.000 Räder werden in starken Nachfragemonaten in der Schäflein Bike-Halle pro Monat umgeschlagen. Aktuell ist die Nachfrage jedoch höher als die verfügbaren Räder. Denn der Zulieferermarkt von Fahrradkomponenten in Asien steht durch die Pandemie vor großen Herausforderungen. Einige Unternehmen und Produktionen mussten zeitweise komplett schließen. Das verzögert und unterbricht die kompletten Lieferketten der Bikelogistik. Zusätzlich steigen Containerpreise immer weiter an. Die Lieferung der Komponenten, die von den Fahrradherstellern dringend benötigt werden, wird also zusätzlich noch teurerer.
Gleichsam wächst auch das Aftermarket und Ersatzteilgeschäft in der Bike-Branche. Die Nachfrage nach Zubehör und Komponenten steigt proportional mit dem Bike-Boom. Neben Anhängern und Dachträgern sind das auch Kleinteile, wie zum Beispiel Ersatz-Akkus, Fahrradlichter oder Körbe.
Für Logistiker ist es also wichtig, den Kunden in Sachen Fahrradlogistik Flexibilität, Schnelligkeit und moderne Transport- und Lagermethoden zu bieten. Denn nur dann können die Ansprüche an die Logistik von Bikes auch erfüllt werden.
Spezialisierte Bikelogistiker können diese Herausforderungen aber stemmen. Zum Beispiel durch flexible Auftragszusammenstellung sowie die maximale Effizienz durch zusätzliche Wägen an den Staplern und Automatisierungslösungen in der Lagerlogistik 4.0. Ein weiterer Erfolgsfaktor für die Logistik von Bikes ist die Transparenz bei der Sendungsverfolgung. Es müssen sämtliche Bewegungen erfasst und auf einer zentralen Plattform zusammenlaufen. Händler und Endkunden benötigen Informationen zu Auftragsstatus und -historie.
Neben der Effizienz der Lieferzeiten und -wege gilt es auch die Kommissionierung so effektiv wie möglich zu gestalten. Denn der Endkunde möchte sein bestelltes E-Bike natürlich so schnell wie möglich nutzen. Für die Lagerlogistik bedeutet das vor allem kurze Wege und geringer Nachschubaufwand. Deshalb werden zum Beispiel im Schäflein Logistikzentrum häufig abgerufene Artikel – sogenannte Schnelldreher – in einem eigenen, leicht zugänglichen Bereich gelagert. B- und C-Artikel hingegen in Hochregallagern mit einem Kommissionier-Bereich auf Bodenebene. Auch die Entnahme der Räder ist optimiert: Dabei kommen induktionsgeführte Stapler zum Einsatz, die stets den idealen Abstand zum Regal halten, damit sich der Kommissionierer ganz auf den Pickvorgang konzentrieren kann. Über die 20 Ladetore können im neuen Lager je 2.500 Fahrräder täglich angeliefert beziehungsweise versendet werden.
Der Ausblick für die Fahrradbranche und die Bikelogistik ist deutlich: Es wird weiteres Wachstum erwartet. So prognostizieren der Herstellerverband Cycling Industries Europe (CIE) und die European Cycling Foundation (ECF), dass bis 2030 allein in Europa zusätzliche 10 Millionen Fahrräder pro Jahr gekauft werden. Also unglaubliche 47 % Absatzplus. Hersteller, Logistiker und Händler müssen sich also auch künftig durch ein transparentes Netzwerk auf Transport, Lagerung, Lieferung und Zustellung verlassen können. Dabei stehen neben einer möglichst geringen Schadensquote und der Effizienz auch immer mehr nachhaltige und intelligente Routenplanung und Transport im Fokus.
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